Heinz-Ulrich Nennen | www.nennen-online.de

ZeitGeister | Philosophische Praxis

Akademie für Philosophische Psychologie

Tag: Selbstorientierung

Philosophischer Salon

Philosophischer Salon

Literaturhaus im Prinz-Max-Palais

WS 2019 | donnerstags | 18:00–20:00 Uhr

Was­si­ly Kan­din­sky: Thir­ty (1937). Musée natio­nal d’art moder­ne, Paris. — Quel­le: Public Domain via Wiki­me­dia.

Kul­tur ist ein Mit­tel, nicht ein­fach nur ver­rückt zu wer­den, ange­sichts der über­for­dern­den Kom­ple­xi­tät einer Welt, der wir als Indi­vi­du­en und auch als Gat­tung ziem­lich gleich­gül­tig sind. — Es gilt, dar­über hin­aus zu gehen und Ord­nung zu schaf­fen, also Bedeu­tun­gen. Kul­tur bie­tet Ori­en­tie­rung und Schutz, sie gewährt Erwar­tungs­si­cher­heit, basa­le Gefüh­le und die Erfah­rung, getra­gen sein von wie­der erkenn­ba­ren Struk­tu­ren, die ver­läß­lich sind.

Wir sind immer auf der Suche nach Sinn, weil sich dar­an das eige­ne Ori­en­tie­rungs­ver­mö­gen selbst wie­der ori­en­tie­ren läßt. Daher ist Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung von so gro­ße Bedeu­tung, denn Sinn ver­schafft Sicher­heit im Gei­ste, und das in einer Welt, die über­mäch­tig und eigent­lich auch unbe­herrsch­bar erscheint. 

Aber die Welt läßt sich in Geschich­ten ver­stricken, so daß wir uns wie an einem Ari­ad­ne­fa­den im Laby­rinth einer immer unüber­sicht­li­cher wer­den­den Welt ori­en­tie­ren kön­nen, obwohl wir sie als gan­ze gar nicht überschauen.

Lite­ra­tur­haus | Karls­ru­he | Prinz-Max-Palais | Karl­stra­ße 10 | Foto: Bern­hard Schmitt

Men­schen sind Ori­en­tie­rungs­wai­sen. Jedes Tier ist voll­kom­men inte­griert in den ange­stamm­ten Lebens­raum. — Man möch­te anneh­men, daß ›die‹ Natur mit dem Men­schen das Spiel eröff­net hat, wie es wohl sei, ein Wesen zu erschaf­fen, das sich selbst ori­en­tie­ren kann. Inzwi­schen ist die Welt fast voll­stän­dig umge­baut wor­den. Schon bald wer­den zwei Drit­tel der Welt­be­völ­ke­rung in Städ­ten leben.

Der Anspruch, sich in die­sen künst­li­chen Wel­ten zu ori­en­tie­ren, steigt stän­dig. Zur Ori­en­tie­rung braucht es inzwi­schen Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung. Dabei soll gera­de auch die Indi­vi­dua­li­tät zum Zuge kom­men. — Die Zei­ten sind vor­bei, in denen tra­di­tio­nel­le Rol­len muster­gül­tig gelebt wer­den muß­ten, vor allem Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten, die kei­nen Aus­bruch, kei­ne Abwei­chung, kei­ne Spe­ren­zi­en dul­de­ten. Immer weni­ger ›Sinn‹ ist vor­ge­ge­ben, was eben bedeu­tet, sich selbst zu orientieren.

Seit alters her wer­den ein­schlä­gi­ge Ant­wor­ten auf letz­te Fra­gen immer wie­der neu von den Mythen gege­ben, die das Kunst­stück beherr­schen, Welt­ver­trau­en und Zuver­sicht zu schaf­fen. Wie das geschieht, das soll mit immer wie­der neu­en Ein­sich­ten im Phi­lo­so­phi­schen Salon zur Erfah­rung gebracht wer­den. — Men­schen sind kos­mi­sche Wai­sen, aus­ge­setzt in dem Bewußt­sein, sich selbst beden­ken zu müssen.


Philosophische Ambulanz

Philosophische Ambulanz

WS 2019 | freitags | 11:30–13:00 Uhr | Raum: 30.91–110 (OG)

Beginn: 23. Okt. 2019 | Ende: 7. Febr. 2020

Fer­di­nand Bart: Der Zau­ber­lehr­ling, (1882). Zeich­nung aus dem Buch Goethe’s Wer­ke, 1882. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia

Und sie lau­fen! Naß und nässer
Wird’s im Saal und auf den Stufen.
Welch ent­setz­li­ches Gewässer!
Herr und Mei­ster! hör mich rufen! —
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
Werd ich nun nicht los.
»In die Ecke,
Besen! Besen!
Seid’s gewe­sen.
Denn als Geister
Ruft euch nur, zu sei­nem Zwecke,
Erst her­vor der alte Meister.

(Goe­the: Der Zauberlehrling)

In der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz kommt die Phi­lo­so­phie wie­der zurück auf den Marktplatz, wo Sokra­tes sei­ne Dis­pu­te führ­te, immer auf der Suche nach einer Philosophie, die es bes­ser auf­neh­men kann mit der Wirk­lich­keit. In den Dia­lo­gen und Dis­kur­sen der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz soll es dar­um gehen, in gemein­sa­men Gedan­ken­gän­gen die bes­se­ren, höhe­ren und tie­fe­ren Ein­sich­ten zu gewinnen.

Ver­ste­hen ist Erfah­rungs­sa­che, Ver­stän­di­gung ist eine Fra­ge der Übung. Oft herr­schen aber fal­sche Vor­stel­lun­gen vor: Gemein­sa­mes Ver­ste­hen ent­steht im Dia­log und in Dis­kur­sen, bei denen es nicht vor­ran­gig um Meinungsäußerungen und Stel­lung­nah­men geht. Es kommt auch nicht dar­auf an, Recht zu behal­ten, sich zu behaup­ten oder etwa ver­meint­li­che ›Geg­ner‹ mund­tot zu machen. — Gewalt ent­steht, wo Wor­te ver­sa­gen, wenn nicht gesagt und ver­stan­den wer­den kann, was einem wirk­lich am Her­zen liegt. Es kommt viel mehr dar­auf an, im gemein­sa­men Ver­ste­hen wei­ter­zu­kom­men, so daß sich die Dis­kur­se anrei­chern und ihre Suk­zes­si­on, also einen Fort­schritt errei­chen. Daher ist es so wich­tig, gera­de im Kon­flikt aus einem Dis­sens her­aus wie

der zu neu­em Ein­ver­neh­men zu fin­den. Erst das macht uns zu mün­di­gen Zeit­ge­nos­sen, wenn wir auch über die eige­ne Stel­lung­nah­me noch frei ver­fü­gen kön­nen. — Zu Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, Wider­sprü­che und Ambi­va­len­zen nicht schleu­nigst auf­zu­lö­sen, weil sie anstren­gend sind. Viel­mehr gilt es, das Den­ken selbst in der Schwe­be zu hal­ten. Der Weg ist das Ziel, gera­de auch beim Philosophieren.

Es gilt, nicht nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern neue und gänz­lich unbe­kann­te Per­spek­ti­ven zu erpro­ben. Daher ist der Posi­ti­ons­wech sel von so emi­nen­ter Bedeu­tung. Genau das ist ›Bil­dung‹, den Stand­ort der Betrach­tung wech­seln, um eine Stel­lung­nah­me ggf. auch aus einer belie­bi­gen ande­ren Per­spek­ti­ve vor­neh­men, kom­men­tie­ren und beur­tei­len zu können.

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Die Urbanisierung der Seele

Die Urbanisierung der Seele. 

Über Zivilisation und Wildnis

Das Ewig-Weib­li­che als Motiv aller Moti­ve ist weit weni­ger bio­lo­gi­scher Natur, als gemein­hin ange­nom­men wird, denn gera­de die Geschlech­ter­rol­len sind eine Fol­ge der Zivi­li­sa­ti­on. Zuvor waren die Ver­hält­nis­se der Geschlech­ter stets anders arrangiert.

Heinz-Ulrich Nennen: Die Urbanisierung der Seele.

Heinz-Ulrich Nen­nen: Die Urba­ni­sie­rung der See­le. Über Zivi­li­sa­ti­on und Wild­nis; (Zeit­Gei­ster 2). tre­di­ti­on, Ham­burg. 312 S. – Paper­back 18,99 €, ISBN: 978–3‑7482–1319‑2. Hard­co­ver 28,99 €, ISBN: 978–3‑7482–1320‑8. Erschei­nungs­da­tum: 07.03.2019

Wild­beu­ter sind nicht sess­haft, daher wäre es unsin­nig, Besitz­tü­mer anzu­häu­fen und ver­er­ben zu wol­len. Inso­fern ist auch nicht das Haben, son­dern das Sein ent­schei­dend, wenn und wo es um Aner­ken­nung geht. – Unter den Bedin­gun­gen der Zivi­li­sa­ti­on geht es jedoch um Besitz und Sta­tus, vor allem in Bezug auf Frau­en, was sich anhand von Alle­go­rien über Weib­lich­keit demon­trie­ren läßt. Pan­do­ra steht sym­bo­lisch für die Ver­lockun­gen, Fol­gen und Neben­fol­gen im Pro­zess der Zivi­li­sa­ti­on. Aphro­di­te ver­kör­pert als Göt­tin der Lie­be den Ver­drän­gungs-Wett­be­werb unter Frau­en und die Ent­schie­den­heit, im Zwei­fels­fall alles ein­zu­set­zen. Der­weil steht die schö­ne Hele­na für das Schick­sal, im Spiel der Mäch­te zum wil­len­lo­sen Opfer und zur schö­nen Beu­te gemacht zu wer­den, um als Trumpf, Tro­phäe, viel­leicht sogar im Tri­umph gewalt­sam genom­men zu wer­den. Es gibt eine Foto­gra­fie, die minu­ti­ös von Fried­rich Nietz­sche gegen den Ein­spruch der Betei­lig­ten arran­giert wor­den ist. – Lou Andre­as-Salo­mé hat Fried­rich Nietz­sche und Paul Rée vor ihren Kar­ren gespannt. So könn­te eine Inter­pre­ta­ti­on lau­ten, zumal die Begehr­te kurz zuvor die Hei­rats­an­trä­ge bei­der Män­ner abge­lehnt hat­te. – Es mag sein, dass Nietz­sche sich von die­ser ent­täu­schen­den Lie­be inspi­rie­ren ließ. Aber neben der bio­gra­phi­schen Inter­pre­ta­ti­on ist eine ande­re noch tief­grün­di­ger, es geht um das Motiv aller Moti­ve. Das berühm­te Foto spot­tet jeder land­läu­fi­gen Inter­pre­ta­ti­on des gemei­nen Spruchs: »Wenn Du zum Wei­be gehst, ver­giss die Peit­sche nicht«. Gera­de die­ser Satz hat Nietz­sche in Ver­ruf gebracht. Betrach­tet man aber das Foto genau­er, so zeigt sich, wer hier die Peit­sche führt: Es ist das Weib. 


Alle Bän­de der Rei­he Zeit­Gei­ster erschei­nen bei tre­di­ti­on – wer­den aber auch hier suk­zes­si­ve zum Down­load frei­ge­ge­ben. 

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Philosophischer Salon

Philosophischer Salon

Literaturhaus im Prinz-Max-Palais

SS 2019 | donnerstags | 18:00–20:00 Uhr

Was­si­ly Kan­din­sky: Thir­ty (1937). Musée natio­nal d’art moder­ne, Paris. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia.

Kul­tur ist ein Mit­tel, nicht ein­fach nur ver­rückt zu wer­den, ange­sichts der über­for­dern­den Kom­ple­xi­tät einer Welt, der wir als Indi­vi­du­en und auch als Gat­tung ziem­lich gleich­gül­tig sind. Es gilt, dar­über hin­aus zu gehen und Ordnung zu schaf­fen, also Bedeu­tun­gen. Kul­tur bie­tet Ori­en­tie­rung und Schutz, sie gewährt Erwar­tungs­si­cher­heit, basa­le Gefüh­le und die Erfah­rung, getra­gen sein von wie­der erkenn­ba­ren Struk­tu­ren, die ver­läß­lich sind.

Wir sind immer auf der Suche nach Sinn, weil sich dar­an das eige­ne Ori­en­tie­rungs­ver­mö­gen selbst wie­der ori­en­tie­ren läßt. Daher ist Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung von so gro­ße Bedeu­tung, denn Sinn ver­schafft Sicher­heit im Gei­ste, und das in einer Welt, die über­mäch­tig und eigent­lich auch unbe­herrsch­bar erscheint. Aber die Welt läßt sich in Geschich­ten ver­stricken, so daß wir uns wie an einem Ari­ad­ne­fa­den im Laby­rinth einer immer unüber­sicht­li­cher wer­den­den Welt ori­en­tie­ren kön­nen, obwohl wir sie als gan­ze gar nicht überschauen.

Lite­ra­tur­haus | Prinz-Max-Palais | Karl­stra­ße 10 | Karlsruhe

Men­schen sind Ori­en­tie­rungs­wai­sen. Jedes Tier ist voll­kom­men inte­griert in den ange­stamm­ten Lebens­raum. — Man möch­te anneh­men, daß ›die‹ Natur mit dem Men­schen das Spiel eröff­net hat, wie es wohl sei, ein Wesen zu erschaf­fen, das sich selbst ori­en­tie­ren kann. Inzwi­schen ist die Welt fast voll­stän­dig umge­baut wor­den. Schon bald wer­den zwei Drit­tel der Welt­be­völ­ke­rung in Städ­ten leben.

Der Anspruch, sich in die­sen künst­li­chen Wel­ten zu ori­en­tie­ren, steigt stän­dig. Zur Ori­en­tie­rung braucht es inzwi­schen Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung. Dabei soll gera­de auch die Indi­vi­dua­li­tät zum Zuge kom­men. — Die Zei­ten sind vor­bei, in denen tra­di­tio­nel­le Rol­len muster­gül­tig gelebt wer­den muß­ten, vor allem Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten, die kei­nen Aus­bruch, kei­ne Abwei­chung, kei­ne Spe­ren­zi­en dul­de­ten. Immer weni­ger ›Sinn‹ ist vor­ge­ge­ben, was eben bedeu­tet, sich selbst zu orientieren.

Seit alters her wer­den ein­schlä­gi­ge Ant­wor­ten auf letz­te Fra­gen immer wie­der neu von den Mythen gege­ben, die das Kunst­stück beherr­schen, Welt­ver­trau­en und Zuver­sicht zu schaf­fen. Wie das geschieht, das soll mit immer wie­der neu­en Ein­sich­ten im Phi­lo­so­phi­schen Salon zur Erfah­rung gebracht wer­den. — Men­schen sind kos­mi­sche Wai­sen, aus­ge­setzt in dem Bewußt­sein, sich selbst beden­ken zu müssen.

16. Mai 2019 | Prof. Dr. Hans-Peter Schütt | Karlsruhe

Amor und Psyche

13. Juni 2019 | Dr. Joa­chim Ham­mann | Frankfurt

Die Hel­den­rei­se

4. Juli 2019 | Prof. Dr. Die­ter Birn­ba­cher | Düsseldorf

Über Mora­li­sie­rung

18. Juli 2019 | Prof. Dr. Phil­ipp Hübl | Berlin

Der Unter­grund des Denkens

25. Juli 2019 | Prof. Dr. Jan Söff­ner | Friedrichshafen

Kör­per und Geist

Jeweils 18:00–20:00 Uhr im Prinz-Max-Palais.
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Philosophische Ambulanz

Philosophische Ambulanz

SS 2019 | freitags | 11:30–13:00 Uhr | Café NUN | Gottesauer Str. 35 | Karlsruhe

Beginn: 3. Mai 2019 | Ende: 26. Juli 2019

Fer­di­nand Bart: Der Zau­ber­lehr­ling, (1882). Zeich­nung aus dem Buch Goethe’s Wer­ke, 1882. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia

Und sie lau­fen! Naß und nässer
Wird’s im Saal und auf den Stufen.
Welch ent­setz­li­ches Gewässer!
Herr und Mei­ster! hör mich rufen! —
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
Werd ich nun nicht los.
»In die Ecke,
Besen! Besen!
Seid’s gewe­sen.
Denn als Geister
Ruft euch nur, zu sei­nem Zwecke,
Erst her­vor der alte Meister.

(Goe­the: Der Zauberlehrling)

In der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz kommt die Phi­lo­so­phie wie­der zurück auf den Marktplatz, wo Sokra­tes sei­ne Dis­pu­te führ­te, immer auf der Suche nach einer Philosophie, die es bes­ser auf­neh­men kann mit der Wirk­lich­keit. In den Dia­lo­gen und Dis­kur­sen der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz soll es dar­um gehen, in gemein­sa­men Gedan­ken­gän­gen die bes­se­ren, höhe­ren und tie­fe­ren Ein­sich­ten zu gewinnen.

Ver­ste­hen ist Erfah­rungs­sa­che, Ver­stän­di­gung ist eine Fra­ge der Übung. Oft herr­schen aber fal­sche Vor­stel­lun­gen vor: Gemein­sa­mes Ver­ste­hen ent­steht im Dia­log und in Dis­kur­sen, bei denen es nicht vor­ran­gig um Meinungsäußerungen und Stel­lung­nah­men geht. Es kommt auch nicht dar­auf an, Recht zu behal­ten, sich zu behaup­ten oder etwa ver­meint­li­che ›Geg­ner‹ mund­tot zu machen. — Gewalt ent­steht, wo Wor­te ver­sa­gen, wenn nicht gesagt und ver­stan­den wer­den kann, was einem wirk­lich am Her­zen liegt. Es kommt viel mehr dar­auf an, im gemein­sa­men Ver­ste­hen wei­ter­zu­kom­men, so daß sich die Dis­kur­se anrei­chern und ihre Suk­zes­si­on, also einen Fort­schritt errei­chen. Daher ist es so wich­tig, gera­de im Kon­flikt aus einem Dis­sens her­aus wie

der zu neu­em Ein­ver­neh­men zu fin­den. Erst das macht uns zu mün­di­gen Zeit­ge­nos­sen, wenn wir auch über die eige­ne Stel­lung­nah­me noch frei ver­fü­gen kön­nen. — Zu Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, Wider­sprü­che und Ambi­va­len­zen nicht schleu­nigst auf­zu­lö­sen, weil sie anstren­gend sind. Viel­mehr gilt es, das Den­ken selbst in der Schwe­be zu hal­ten. Der Weg ist das Ziel, gera­de auch beim Philosophieren.

Es gilt, nicht nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern neue und gänz­lich unbe­kann­te Per­spek­ti­ven zu erpro­ben. Daher ist der Posi­ti­ons­wech sel von so emi­nen­ter Bedeu­tung. Genau das ist ›Bil­dung‹, den Stand­ort der Betrach­tung wech­seln, um eine Stel­lung­nah­me ggf. auch aus einer belie­bi­gen ande­ren Per­spek­ti­ve vor­neh­men, kom­men­tie­ren und beur­tei­len zu können.

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Vorlesungen und Seminare


Dialog und Diskurs

Schwebendes Denken

Bezau­bern­de Bil­der bezeu­gen, wie innig die Phi­lo­so­phie allem zuge­tan ist, was Flü­gel verleiht. 

Bei Hegel beginnt die Eule der Miner­va ihren Flug erst in der Däm­me­rung. – Pla­ton schil­dert das Auf­stei­gen zur Erkennt­nis mit der Alle­go­rie vom See­len­wa­gen, bei dem es dar­um geht, am Tri­umph­zug der Göt­ter über das nächt­li­che Fir­ma­ment, quer über die Milch­stra­ße bis hin zum Reich der Ideen teil­neh­men zu kön­nen. Aber den aller­mei­sten Zeit­ge­nos­sen feh­le es dabei an “Federn”, auch beherr­schen sie nicht die Selbstführung… 

Die Gedan­ken sind frei, es kommt dar­auf an, sie schwe­ben, flie­gen und auf­stei­gen zu las­sen. Es kommt dar­auf an, daß sie stets offen blei­ben, sich inspi­rie­ren zu lassen.

Phi­lo­so­phi­scher Salon Karlsruhe

Phi­lo­so­phi­sche Ambu­lanz Karlsruhe

Phi­lo­so­phi­scher Salon | B‑Si­de-Festi­val 2019 | Mün­ster

Philosophisches Café Münster

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Wenn her­kömm­li­che Ori­en­tie­run­gen unsi­cher wer­den, dann stel­len sich Fra­gen der Selbst­ori­en­tie­rung. Neue Ant­wor­ten las­sen sich jedoch erst fin­den, wenn zuvor genü­gend Abstand genom­men wird. Erst aus der Distanz läßt sich das Gan­ze umfas­send in den Blick neh­men. – Nur so kommt das Neue ins Den­ken und dazu ist Phi­lo­so­phie unver­zicht­bar. Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, sich durch eige­nes Den­ken zu ori­en­tie­ren, gera­de dann, wenn vie­les in der Schwe­be ist.

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Neben dem phi­lo­so­phi­schen Dia­log als inten­si­ver Form, sich in The­men von exi­sten­ti­el­ler Bedeu­tung ein­zu­füh­len, um sie zu erör­tern, bie­tet das Phi­lo­so­phi­sche Café die Mög­lich­keit, auch in grö­ße­ren Grup­pen tie­fer mit­ein­an­der ins Gespräch zu kom­men. – Es gilt, nicht ein­fach nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern alle erdenk­li­chen Posi­tio­nen vor­be­halt­los zu erör­tern. So wird die Sache selbst all­mäh­lich gemein­sam ent­wickelt und nicht sel­ten las­sen sich ihr ganz neue Sei­ten abge­win­nen. Man­ches erscheint dann in ande­rem Licht, so daß sich auch für die eige­ne Stel­lung­nah­me ganz neue Per­spek­ti­ven eröffnen.

Das Phi­lo­so­phi­sche Café ver­steht sich als Forum für eine Phi­lo­so­phie, die erst im gemein­sa­men Gespräch auf­kom­men kann. Das The­ma wird in der Regel nicht vor­ge­ge­ben, es ergibt sich zwang­los fast wie von selbst. Der Gang des Gesprächs ist offen und dabei ist es nicht so ent­schei­dend, wie sich ande­re Phi­lo­so­phen bereits dazu geäu­ßert haben. Gewiß ist es anre­gend zur Kennt­nis zu neh­men, was bereits gesagt wor­den ist, aber viel wich­ti­ger ist es, sich selbst beim gemein­sa­men Phi­lo­so­phie­ren zu erfahren.

Über­zeu­gun­gen sol­len nicht ein­fach nur ver­tre­ten, son­dern dar­ge­legt wer­den. Die Situa­ti­on ist hand­lungs­ent­la­stet, nichts muß beschlos­sen wer­den. Nie­mand muß sich über­zeu­gen las­sen, denn wir über­zeu­gen uns ohne­hin immer nur selbst. Ent­schei­dend ist, das eige­ne Den­ken an den Tag zu legen. Erst dann wird jene Frei­heit spür­bar, von der die Höhen­flü­ge der Phi­lo­so­phie getra­gen wer­den. – Phi­lo­so­phie hat eben auch ihre Pra­xis: Es ist die Freu­de dar­an, wie unter­schied­lich die Per­spek­ti­ven doch sein können.

Kaum eine davon ist ohne Berech­ti­gung, aber nur weni­ge davon spre­chen wirk­lich fürs Gan­ze. Es gibt vie­le aber nicht unend­lich vie­le Hinisch­ten, aus denen sich die­sel­be Sache betrach­ten läßt. Ent­schei­dend sind daher vor allem sol­che Hin­sich­ten, die in der Sache wei­ter brin­gen und hel­fen, bes­ser zu ver­ste­hen, wor­auf es ankom­men könnte.

Für den Gang sol­cher Unter­su­chun­gen präg­te Hegel das Bild vom Flug der Eule der Miner­va und bei Pla­ton fin­det sich die Alle­go­rie vom See­len­wa­gen. Die­se bezau­bern­den Bil­der bezeu­gen, wie innig die Phi­lo­so­phie allem zuge­tan ist, was Flü­gel ver­leiht, weni­ger um abzu­he­ben, son­dern um einen guten Über­blick und neue Ein­blicke zu erhal­ten. – Alles was Flü­gel ver­leiht, hat daher einen sym­bo­li­schen Bezug zur Phi­lo­so­phie, weil Federn zum Schrei­ben tau­gen, weil sie Gedan­ken beflü­geln und weil dann nur noch die not­wen­di­ge Seh‑, Erkennt­nis- und Urteils­kraft dazu gehört, um erken­nen zu kön­nen, was sich in der Däm­me­rung abzu­zeich­nen beginnt.

Blaue_Stunde_MS-Flyer

Das ulti­ma­ti­ve Ziel sol­cher Rei­sen ist Pla­ton zufol­ge eine Expe­di­ti­on ins Reich der Ideen. Beim Aus­ritt zusam­men mit den Göt­tern über das nächt­li­che Fir­ma­ment alle 10.000 Jah­re kommt es dar­auf an, sehr schwe­re Him­mel­s­pas­sa­ge zu bestehen, mit einem all­zu mensch­li­chen Gespann aus einem guten und einem schlech­ten Pferd. Vie­le stür­zen dabei ab und fal­len unmit­tel­bar wie­der ins Sein ohne sich wie­der­erin­nern zu kön­nen. – Erst hin­ter die­ser schwie­ri­gen Him­mel­s­pas­sa­ge wür­de man zusam­men mit den Göt­tern die Ideen anschauen.

Es kommt dar­auf an, die Kunst des Schwe­bens zu beherr­schen. Dazu braucht es ‚Federn‘und die wach­sen nur denen die lie­ben, denn die Lie­be in ihrem hei­li­gen Wahn soll wie­der­um Ähn­lich­keit haben mit dem, wie denen zumu­te ist, die die Ideen erschau­en. Und Pla­ton zufol­ge ver­leiht gera­de die Phi­lo­so­phie sol­che Flü­gel, schließ­lich geht es ihr – nicht nur dem Namen nach, um die Lie­be zur Weisheit.

Sol­che Gesprä­che sind dazu ange­tan, die Sache selbst wie eine Feder durch den Atem aller, die mit­re­den und mit­den­ken, in der Schwe­be zu hal­ten, um beim gemein­sa­men Phi­lo­so­phie­ren wie im Flug ins Reich der Ideen unter­wegs zu sein.

Feder-big